Der Weitwanderweg „Ruta de Pedra en Sec„, auf Deutsch Trockenmauerweg erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Auch bekannt unter seiner Gran Recorrido Kennzeichnung GR 221 führt er entlang der Westküste Mallorcas durch die Serra Tramuntana. Von seinem Beginn im Süden im Ort Port d´Andratx bis nach Pollença bzw. dessen Hafenstadt Port de Pollença sind es rund 140 km. Damit zählt er zu den kürzeren Fernwanderwegen. Wie lange ein Thru-Hike dauert, hängt von der körperlichen Fitness ab. Im Normalfall kann dieser in 7-9 Tagen vollständig durchwandert werden.
Zweimal war ich inzwischen am GR 221 auf Mallorca unterwegs: einmal im März 2017 von Sant Elm bis Port de Soller. Das zweite Mal im Jänner 2018, um die fehlenden Etappen von Port de Soller bis Pollença und von Port d’Andratx bis Sant Elm nachzuholen. Alle Informationen und hilfreiche Tipps zum GR 221 gibt es inzwischen in einem eigenen Beitrag: Mallorca: Wandern am GR 221 | Infos & Tipps im Überblick
Während im März/April schon langsam die Hauptsaison näherrückt, die Straßen sich mit RadfahrerInnen füllen und sich die ersten WandererInnen auf den Weg begeben, ist es im Winter, vor allem unter der Woche, wie ausgestorben. Viele Restaurant, Hotels und Supermärkte sind geschlossen. Die Strände sind leer. Einzelne Busverbindungen werden noch nicht bedient. Die Refugios sind nur an den Wochenenden gefüllt, wenn die MallorquinerInnen selbst die ein oder andere Wandertour unternehmen. Die Tage sind kurz: mit einem späten Sonnenaufgang um 8 Uhr herum und dem frühen Einbruch der Finsternis um circa 18 Uhr. Das Wetter reicht von angenehm warm bis eisig kalt, vor allem, wenn der Tramuntana Wind stürmisch über die Berge fegt.
Inhalt
AM GR221 VON PORT DE SOLLER BIS SOLLER
Nach einem langen Anreisetag mit später Ankunft in Palma de Mallorca geht es am nächsten Tag gemütlich los. Mit dem Bus von der Estación Intermodal am Plaza de España steuere ich direkt auf den Ort zu, in dem ich meine vorangegangene Wanderung am „Ruta de Pedra en Sec“ beendete: Port de Soller.
Leer empfängt mich der Ort. Keine Menschen am Strand oder der Strandpromenade. Die Restaurants sind alle geschlossen. Nur ein einziges geöffnetes Café erblickte ich von der Ferne. Noch ein wenig zögerlich schlenderte ich durch den Ort, um mich auf den GR 221 einzufinden. Als ich auf die erste große Wegmarkierung stoße und die Geisterstadt Port de Soller hinter mir laße, bin ich insgesamt nur drei Menschen begegnet.
Ich habe keine Eile. Es ist erst früher Nachmittag und die vor mir liegende Etappe nimmt kaum mehr als eine Stunde in Anspruch. Gemütlich und bewusst langsam schlenderte ich daher auf dem ausgetretenen Pfad mit schönen Blick auf das Tal, vorbei an Fincas mit idyllischen Gärten bis Soller.
Der Plaza Constitución mit seinen Kaffeehäusern und Blick auf die eindrucksvolle barocke St. Bartholomäus Kirche verführt mich zu einem „Cafe con leche“ bevor ich ins neu eröffnete Hostel in Soller einchecke.
Mit dringend anstehenden Erledigungen verbringe ich den restlichen Tag mit Arbeiten an meinen Laptop. Ja, ich gebs zu. Ich hab einen Laptop beim Wandern mit mir herumgetragen (#addicted, #lifeofatravelblogger).
Mit zwei weiteren Hostel Bewohnern, die sich kurzfristig auch hierher verirrt haben, lasse ich den Abend ausklingen.
AM GR221 VON SOLLER BIS ZUM REFUGI DE TOSSALS VERDS
Woher der Trockenmauerweg seinen Namen hat, finde ich am nächsten Tag eindrucksvoll heraus. Denn vom kleinen Ort Biniaraix geht es auf den gut restaurierten Trockenmauerwegen in kleinen und großen Serpentinen durch terrassierte Olivenhaine stetig am Cami des Barrancs Richtung Cúber Stausee. Der Sturzbach „Torrent des Barrancs“, der seinen Weg in den Canyon gegraben hat, führt im Winter kein Wasser. Dafür pfeift der Wind in wilden Böen durch die Schlucht.
Mit einem Etappenstart (üblicherweise) in Port de Soller vom Refugi de Muleta bis zum Ziel beim Refugi Tossals Verds ist das die längste und anstrengendste Etappe des GR 221. Durch meine Nächtigung in Soller habe ich den Weg bereits um eine gute Stunde verkürzt.
Wer gern einen Eindruck von den Trockenmauerwegen erhalten will, dem sei dieser Wegabschnitt von Soller bzw. Biniaraix bis zum Cuber Stausee durch die sogenannte Barranc von Biniaraix (Schlucht von Biniaraix) als Tageswanderung nachdrücklich empfohlen. Es ist der eindrucksvollste Abschnitt mit Trockensteinmauern am gesamten GR 221.
Als ich nach dem Aufstieg die Passhöhe Coll de L’Ofre erreicht habe, glaube ich beinahe weggeweht zu werden. Der eiskalte Tramuntana Wind pfeift mir so wild um die Ohren, sodass ich nur schnell ein Foto mache und meinen Weg zum in der Ferne türkisblau leuchtenden Cúber Stausee fortsetze.
Zwei Wege führen zum Refugi Tossals Verds vom Picknickplatz Sa Font des Noguer: der Weg über den Coll de Colloms oder den Pas Llis. Ich entscheide mich dafür über den Pas Llis zu wandern. Die steilen und engen Serpentinen nach oben steigend und ängstlich an einer Mutterkuh mit zwei jungen Kälbern vorbeischleichend, erreiche ich bald die Passhöhe, die durch eine lange Trockenmauer durchschnitten wird. Ab dann geht es mehr oder weniger nur noch bergab.
In einer Senke liegt ein in zwei Teile zerbrochenes, abgestürztes Kleinflugzeug. Angeblich haben sogar alle Insassen beim Absturz überlebt! Als ich es aus der Nähe bewundere, setzt ein Graupelschauer ein. Innerhalb kürzester Zeit bedecken die kleinen gefrorenen Eiskügelchen die Landschaft um mich. Ich beschleunige mein Gehtempo, um kurz unter einer Baumgruppe Schutz zu suchen.
Hoch oben auf einem Berghang beobachte ich wilde Bergziegen, die ebenso regungslos den Schauer abwarten. Eine leichte, sehr kurze Passage mit Sicherungsseil, und schon bald sehe ich das Refugi Tossals Verds von der Ferne. Durch ein Gattertor wandere ich durch einen Olivenhain und erreiche das Refugi Tossals Verds. Es ist halb vier und ich bin die erste Person, die in den Schlafsälen nächtigen will. Nur ein paar Tageswanderer sind noch vor Ort.
Ein Weitwanderer aus Deutschland, mit dem ich Abendessen, mallorquinischen Wein und am nächsten Tag meinen Weg teile, kommt eine gute Stunde nach mir an. Wegen des Wetters vermuten wir, bleiben wir die einzigen Gäste für die Nacht.
AM GR 221 VOM REFUGI TOSSALS VERDS BIS LLUC ZUM REFUGI SON AMER
Während ich am Morgen den Anstieg hinter dem Refugi Tossals Verds hoch wandere, sind bereits einige Arbeiter fleissig damit beschäftigt den Trockenmauerweg auszubessern. Zuerst wird der gesamte Bereich umgegraben, anschließend Stein für Stein einzeln nebeneinander angeordnet. „Nur noch hundert Kilometer“ scherzen sie, als ich mich kurz mit ihnen unterhalte.
Als ich am Coll de Sa Basola ankomme, folgt ein Abschnitt, der für mich als einer der schönsten in Erinnerung geblieben ist. Die angenehmen warmen Sonnenstrahlen tun ihr übrigens dazu. Während zuerst der Blick weitläufig ins Tal gerichtet werden kann, zieht danach ein am gegenüberliegenden Berghang gebautes altes Aquädukt seine Aufmerksamkeit auf sich. Der Pfad schmiegt sich dabei angenehm an den Berg Tossal Verds.
Ab der Wegabzweigung Font de Prat gehts es leicht bergauf durch einen Steineichenwald. Im Wald holt mich Franz, der Weitwanderer aus Deutschland ein. Wir vermuten, dass er in diesem Jahr der erste „Thru-Hiker“, also die erste Person die den GR 221 im Jahr 2018 in einem Stück vollständig durchwandert hat, ist.
Gemeinsam gehts bergauf. Statt gleich direkt über die Hochebene zum Coll des Prat zu wandern, steigen wir auf den Puig de Massanella (1364m), den zweithöchsten Berg Mallorcas. Ein paar wilde Bergziegen schauen uns zu.
Oben angekommen erstreckt sich eine weitere steinerne Hochebene bis zum höchsten Punkt. Trotz Wolken am blauen Himmel ist der Ausblick ein Traum.
Abenteuerlich wählen wir zuerst einen alternativen Abstieg mit Kletterpassagen, den wir aber aufgrund zu hohen Risikos auf halben Weg abbrechen und resignierend zu unser Aufstiegsroute zurückkehren.
Nach dem Passieren einer die Ebene gerade durchschneidenden Grenzmauer, die ich angelehnt an die „Chinesische Mauer“ auf den Namen „Mallorquinische Mauer“ taufe, zweigt der GR 221 links ab.
Die alten Ruinen des Schneehauses „Casa de Neu d’en Galileu„, die mit nur wenigen Schritten Umweg besucht werden können, werden natürlich inspiziert. Unserem Gefühl nach in die falsche Richtung startend, geht der Weg bergab bis er in einen renovierten, gepflasterten Trockenmauer-Karrenweg endet, der in tausend Serpentinen nach unten führt.
Zwischen mit Trockenmauern terrassierten Olivenhainen verläuft der Weg in großen Kehren, im letzten Drittel eine Straße überquerend bis zum Parkplatz in LLuc.
Vorbei am Parkplatz, dem Informationszentrum Serra de Tramuntana und dem Kloster „Santuario de Lluc“ wandern wir gleich zum Refugi Son Amer, das außerhalb des Ortes auf einem kleinen Hügel in der Ferne liegt.
Zu siebent lassen wir das Refugi Son Amer unter der Woche sehr leer aussehen.
AM GR 221 VOM REFUGI SON AMER IN LLUC NACH POLLENÇA
Hinter dem Refugi Son Amer gehts los Richtung Binifaldo. Zuerst entlang der Straße, danach auf einem Pfad durch einen Wald wird sehr schnell ein Aussichtspunkt erreicht, bei dem das Tal rund um Lluc gut überblickt werden kann. Der Route ist sehr leicht und angenehm zu bewandern. Ein wenig liebäugle ich mit der Zusatzwanderung zum Gipfel „Puig Tomir„, der einen wunderbaren Ausblick auf den nördlichen Abschnitt von Mallorca ermöglichen muss.
Stattdessen geht es nur mit kurzer Pause direkt auf einem Forstweg und einer kleinen, trotzdem relativ viel befahrenen Straße und danach entlang von Fincagärten zum Refugi Ponte Romà.
Das Refugi Ponte Romà ist erst seit Jänner 2018 nach angeblich zweijähriger Pause seit 2 Tagen wiedereröffnet wie uns die aufgeregten, äußerst motivierten MitarbeiterInnen erzählen. Wir zählen zu den ersten 10 Gästen im Refugio. An dem Abend insgesamt nur zu viert füllen wir einen einzigen Schlafsaal.
Am Nachmittag erkunden wir noch Pollença und steigen auch die steilen Stufen zur Iglesia del Calvari hoch, wo sich der Beginn bzw. das Ende eines Kreuzweges befindet und eine Aussichtsplattform einen guten Blick über die gesamte Umgebung ermöglicht.
AM GR 221 VON POLLENÇA BIS PORT DE POLLENÇA
Warum ich unbedingt die letzten Kilometer bis zum Meer gehen wollte, weiß ich im Nachhinein auch nicht. Irgendwie hatte ich mir ein riesiges Willkommensschild erwartet, einen Stein mit Gratulationswünschen oder Ähnlichem, dass einem nochmal das Ankommen an einem gewissen Punkt verdeutlicht und einem ohne Umschweife ins Gesicht brüllt „Yeah! Du hast es geschafft!“. Aber da war nichts. Nur eine Informationstafel zu den Wanderwegen.
Der Weg war schrecklich gewesen – relativ gerade, eben und direkt entlang einer vielbefahren Straße. Genau so wie ich es gar nicht mag. Der Ort ist schon in Sichtweite, nur der Weg dauert. Gehen, gehen und gehen und das Gefühl haben nicht näher zu kommen. Ich kann diesen Abschnitt daher niemanden empfehlen. Der Bus ist eindeutig die bessere Wahl! Diesen nahm ich dann auch bald zurück nach Palma de Mallorca.
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Meine zweite Wanderung am GR 221 fand im Jänner 2018 im Zuge einer privaten Reise statt.
Ganz tolle Seite!!!
Danke Bruno! Ich geb mir Mühe.