[Werbung: Kooperation] Do things you love and do it often. Ich bin Feuer und Flamme als ich das Angebot bekomme Flandern in Belgien zu besuchen. Was ich denn gern tun würde, werde ich gefragt? Ich muss nicht lange überlegen: Radfahren ist meine simple Antwort und zwar wenn möglich alles.
Flandern ist die nördliche Region von Belgien – dort wo nicht französisch, sondern niederländisch bzw. flämisch gesprochen wird, größtenteils flach und durchzogen von Kanälen. Polderlandschaft heißt das. Das lerne ich während meiner Recherche. Polder sind Gebiete, die durch Teiche oder Kanäle vor Überschwemmungen geschützt werden. Ein perfektes Gebiet zum Radfahren. Das wissen auch die „Flandriens“ und haben ein hunderte kilometerlanges Fahrradwegenetz durch das gesamte Gebiet und vorbei an allen bekannten Städten wie z.B. Gent, Antwerpen oder Brügge geschaffen. Mehr Infos darüber gibt es im Beitrag: Radfahren in Flandern: Infos & Tipps im Überblick.
Es ist mein zweiter Besuch. Vor Jahren war ich schon einmal hier, lange vor der Gründung meines Reiseblogs und lange bevor die mittelalterliche Altstadt von Brügge zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. Meine älteren LeserInnen werden bei Flandern sicherlich auch an die herzzerreißende Drama-Kinderserie „Niklaas, der Junge aus Flandern“ denken. Die, bei der ein Junge mit seinen Großvater bei Antwerpen wohnte und Maler werden wollte, wie die aus Flandern stammenden berühmten Künstler Rubens oder Rembrant.
Tagelang studiere ich das umfangreiche Radwegenetz. Entlang der Nordsee auf der „Kustfietsroute“ oder doch ein Stück auf der Großen Flandernroute „Vlaanderen Fietroute“?, grüble ich herum bevor ich meinen Vorschlag an das Flandern Tourismusbüro schicke. Es wird ein Kompromiss – ein Gemisch aus Städtebesuchen, der Küste und dem Landesinneren. Es ist ein sehr ambitionierter Plan – wie ich beim Fahren feststelle.
Inhalt
RADFAHREN IN FLANDERN TAG 1: GENT ÜBER BRÜGGE NACH OSTENDE (CA. 80 KM)
Mein Fahrrad für die nächsten Tage steht, als ich in Gent ankomme, inklusive gewünschter Radtaschen, Schloss, Pumpe und Werkzeug im fabelhaften B&B Abrahams Prinsendorf, wo ich die erste Nacht verbringe, bereits für mich bereit (Fotos gibt es in meinem Gent Beitrag!). Es wird mir von VOS Travel zur Verfügung gestellt, deren Service sehr einfach und unkompliziert ist: ich habe meine Größe bekannt gegeben. Das Rad wurde geliefert und wird von meinem Endpunkt in Kortrijk abgeholt. Sollte ich Hilfe am Weg benötigen, kann ich anrufen. Perfekt. Einen Helm habe ich im Gepäck.
Nach einen Nachmittag im Gent (alles nachzulesen in meiner Hommage an Gent: To Ghent with Love: Stadtspaziergang durch Gent gewürzt mit Tipps), geht es am nächsten Tag in der Früh los. Oder auch nicht.
Denn als ich die geschlossenen Flügeltüren meines feinen „Burgundischen Zimmers“ aufschlage, stelle ich fest: es regnet in Strömen. In der Hoffnung auf Besserung trödle ich beim Frühstücken herum, schreibe Mails, lade ein paar Fotos auf Facebook hoch, bevor ich endgültig beschließe im Regen loszufahren. Es ist höchste Zeit.
Mit Naviunterstützung kurve ich durch Gent bis ich die erste schnurgerade Passage des Radwegs erreiche. Der Regen ist inzwischen kein Regen mehr, sondern nur mehr ein Sprühregen – die Tropfen sind so klein und fein, dass ich beschließe keine Regenkleidung mehr zu benötigen. Ein Stopp, um mich auszuziehen und schon radle ich gemütlich weiter – ohne Zeitgefühl und Stress.
Der Weg verläuft beinahe durchgehend entlang eines Kanals, meist gesäumt durch endlos wirkende Alleen und vorbei an wenigen, kleinen Häuseransammlungen. Ein Pferd mit Reiterin begegnet mir. Schiffe fahren sporadisch neben mir. Radgruppen treffe ich keine. Aber immer wieder werde ich von vorbei rasenden RennradfahrerInnen überholt.
Schon bei meinem zweiten kurzen Stopp bemerke ich, dass ich länger brauchen werde als erwartet. Statt den von Google Maps kalkulierten 2h 14 Minuten benötige ich schlussendlich knapp über drei Stunden für die Strecke Gent – Brügge inklusive drei kurzer Trink-/Kleidungswechselpausen und Gegenwind.
Erst beim Fahren wird mir der Grund bewusst: die RennradfahrerInnen, denen ich regelmäßig neidisch nachschaue, wenn sie – wie als ob es kein Morgen gäbe – an mir vorbeirasen.
Für die angegebene Wegzeit von Google werden die durchschnittlichen Wegzeiten von allen RadfahrerInnen miteinbezogen. Die hohe Anzahl an RennradfahrerInnen schrauben die Durchschnittswegzeiten natürlich nach unten, welche für die angegebene Zeit nur bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h eingehalten werden könnte. Das hatte ich natürlich nicht nachgerechnet.
Ich schaffe gegen den Wind und mit am Lenker abgelegten Oberkörper, um eine bessere Trettposition auf meinem Tourenrad zu bekommen, gerade einmal 17 km/h. Beinahe jeder Windstoß lässt mich um 2 km/h langsamer werden wie mir der am Rad befestigte Tachometer jedes Mal grausam anzeigt.
Kurzbesuch in Brügge
Es ist zwei als ich Brügge erreiche und beschließe statt mein Gepäck am Hauptbahnhof in einem Spind einzusperren mit in die Stadt zu nehmen. In einer halben Stunde muss ich beim vereinbarten Treffpunkt bei der TouristInneninformation t´Zand im Konzertgebäude sein und ich will nicht zu spät kommen.
Die Stadtführung „Bruges by heart/Herzliches Brügge“, bei der ich angemeldet bin, startet pünktlich. Ausnahmsweise darf ich mein Gepäck in der TouristInneninformation zwischenlagern. Was es alles in Brügge bzw. der Tour zu sehen gibt, könnt ihr hier nachlesen: 3h in Brügge: Mein ultimativer Kurzbesuch mit der Stadtführung „Bruges by heart/Herzliches Brügge“.
Nach zwei Stunden ist die Tour zu Ende und Essen ist ab dann mein größter Wunsch. Schnell hole ich noch mein Gepäck und begebe mich in das nächstgelegene Burgerlokal.
Weitere 26 km liegen vor mir mit einer angegebenen Wegzeit von „nur“ rund 1h 11 Minuten, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 20,8 km/h entsprechen würde. Dass ich eine solche Geschwindigkeit mit dem Tourenrad nicht fahren kann, ist mir inzwischen mehr als bewusst. Statt einem weiteren Stadtrundgang fahre ich deshalb los.
Die Sonne steht schon tief am Himmel während ich die langen Kanäle entlang düse. Je näher ich dem Meer komme, desto kräftiger wird der Gegenwind. Erleichtert erreiche ich das Hotel De Hofkamers in Ostende, das sich höchstens 5 Gehminuten vom Strand entfernt befindet. Mein Rad darf ich im Speisesaal unterstellen.
Der traumhafte Sonnenuntergang an der Nordsee lässt mich alle Strapazen vergessen. Schon allein wegen dieses Ausblicks hat sich der Tag gelohnt. Mit einem kleinem Bier sitze ich am schon leicht feuchten Strand und atme frische Nordseeluft. Herrlich!!! Erst als die Sonne vollständig untergegangen ist, suche ich mir ein Lokal zum Abendessen.
„Fahren nach Zahlen“ in Flandern von Gent über Brügge nach Ostende:
Gent – Leiestrekk 4/50 – Meetjesland 51/54/53/29/14/18/2//81/87/94/97/98 – Brugse Ommeland 62-/96/66/59/88/76/56/71/82//69/5/49 – Brügge (bis Brügge circa 45 km laut Routenplaner) – Brügse Ommeland 46/4/36/65/21/30/40/93/9/25/27/59 – Kust 26/95/10/4/85/74 – Ostende (Brügge bis Ostende circa 26km laut Routenplaner)
Gesamt: 71 km geplant gewesen /80 km gefahren
RADFAHREN IN FLANDERN TAG 2: OSTENDE ÜBER NIEUWPOORT, FRONTZATE & YPERN NACH KORTRIJK (CA. 96 KM)
Mein Tag startet mit einem riesen Frühstücksbuffet im Hotel de Hofkamers. Ein kurzer Radcheck und schon schwinge ich mich auf meinen treuen und zum Sitzen äußerst komfortablen Wegbegleiter. Das Wetter ist wunderschön und es ist herrlich direkt entlang der Nordsee zu fahren. Zügig geht es bis Middelkerke. In dem Moment bedaure ich sehr nicht ausschließlich entlang des Meeres zu fahren. Wenn ich gewusst hätte wie schön es hier ist…
Parallel zur Küste, aber im Landesinneren, geht es auf asphaltierten kleinen Straßen bis Nieuwpoort. Das ist wohl der einzige Abschnitt, auf dem ich auf der offiziellen Küstenroute (Kustfietsroute) unterwegs bin. Die Strecke ist beliebt. Viele RadfahrerInnen mit Tourenrädern und natürlich Horden von RennradfahrerInnen begegnen mir.
In Nieuwpoort mache ich meinen ersten Stopp und setzte mich in einen kleinen Imbiss für eine Kaffeepause. Vorbei am Hauptplatz fahre ich entlang des ehemaligen Eisenbahnweges Frontzate Richtung Diskuide. Während des 1. Weltkrieges fand hier eine große Schlacht statt. Immer wieder begegnen mir unterschiedliche Kriegsrelikte wie Bunker, Verteidigungsanlagen etc. nahe der Küste in Flandern. Ich kann mir Krieg nicht vorstellen. Es ist ein unheimlicher Gedanke, dass hier gekämpft wurde.
Auf kleinen Straßen und Feldwegen komme ich zu einer Brücke an der Yser. Knokkestraat heißt die Straße an dem Radwegknotenpunkt 28 bzw. 58. Ein sehr nett aussehendes Kaffeehaus ist auf der einen Seite der Yser, ein Rastplatz, der zum Pause machen einlädt auf der anderen.
Mein Magen knurrt schon. Rund 38 km liegen bereits hinter mir, weitere 17 km vor mir bis Ypern. Die Entscheidung fällt zu Gunsten der längeren Pause in Ypern. Entlang einer weiteren schnurgeraden Straße an einem Kanal radle ich weiter.
Am Hauptplatz findet ein Fest statt. Aber ich bin zu hungrig, um es zu beachten. In einer Seitenstraße setze ich mich in ein Lokal – Kroketten und ein kleines Bier – das gönn ich mir.
Wie wichtig es ist bei den vielen Radwegen, die es in Flandern gibt, bei Kreuzungen gut aufzupassen, stelle ich gute 10 Kilometer nach Ypern fest. Denn statt einmal abzubiegen, bin ich vom geplanten Weg abgekommen. Die entscheidende Kreuzung liegt mindestens 5 km hinter mir. „Egal“, denke ich mir und fahre ab jetzt „querfeldein“, „1000 Wege führen nach Rom und sicherlich genauso viele nach Kortrijk“. Zum allersten Mal ist es leicht hügelig.
Vorbei an schwarz-weiß gefleckten Kuhherden, Krautfeldern, durch ganz kleine Dörfer und ein bisschen größere, über gelb markierte, rot markierte und mit einem weißen Streifen von der Straße abgetrennte Fahrradwege geht es bis Kortrijk. Als ich das noble Parkhotel am Bahnhofsplatz erreiche, zeigt mein Tachometer 96 Tageskilometer an.
Duschen, Essen im besten Burgerlokal der Stadt (Jill´s Boutique – Es war so lecker. Es kann gar kein besseres geben!!!), ein ausgedehnter, gemütlicher Stadtspaziergang und ich falle ins Bett.
„Fahren nach Zahlen“ in Flandern von Gent über Brügge nach Ostende:
Ostende – Kust 74/57/52/80/60/81/73/64/82/67/7 – Nieuwpoort – Kust 57/89 – Westhoek 35/38/3/4/88/82/74/75/6 – vorbei an Diksmuide – /75/74/49/96/50/58/28/5/8/75/25/24/35/39/89 – Ypern – Westhoek 93/32/56 [ursprünglich weiter geplant gewesen: Westhoek 55/85/42/21 – Leiestreek 10/58/1/74/23/73/75/3/71/78/8/9/85/82/18/10/93/83 – ab 71 an der Leie entlang bis Kortrijk] – aber gefahren: Westhoek 80/18/41/49/76/66/70/4/72/6/48/8/18/10/93/83 – Kortrijk
Gesamt: 89 km geplant gewesen /96 km gefahren
KORTRIJK & RÜCKREISE
Am nächsten Vormittag habe ich nach einem unglaublichen Frühstück noch Zeit die Stadt zu erkunden. Kotrijk ist klein, fein und nicht sehr touristisch. Genau das macht Kortrijk für mich extrem charmant. Trotzdem ist viel los. An meinem Abreisetag findet ein riesiger Markt statt. Und vereinzelt schlendern die letzten FestivalbesucherInnen herum, die das Hard Rock und Metal Festival mit dem klingenden Namen Alcatraz in der Nähe von Kortrijk besucht hatten herum.
Mit dem Zug reise ich direkt nach Brüssel. Von dort geht es mit Brussels Air und ihrem „Hi Belgium“ Angebot„, das perfekt ist um Belgien für ein verlängertes Wochenende zu besuchen, zurück nach Wien. Mein Fahrrad wird von VOS Travels in Kortrijk abgeholt.
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Ich kann Radfahren in Flandern nur empfehlen! Happy biking in Flanders!
Lust bekommen mich auf weitere Radtouren zu begleiten z.B. am Donauradweg von Passau nach Wien? Oder einfach auf zukünftigen Abenteuern? Dann folge mir auch auf Facebook, Instagram, Twitter oder Pinterest.
Mein Flandern Besuch fand vom 11. bis 14. August 2017 auf Einladung von Flandern-Tourismus statt (Vielen Dank für die Einladung und besonderen Dank an S. u. A.!). Die Einladung inkludierte alle Transportkosten, die Unterkunft, die Verpflegung sowie sämtliche Unternehmungen. Es wurden keine Vorgaben gemacht und kein Honorar bezahlt. Das Thema Radfahren und die gefahrene Radroute wählte ich selbst in Absprache mit dem Tourismusbüro, welche die Organisation des Rundherums übernahmen. Nochmals vielen Dank dafür!
Y
Durchaus interessant – auch für Männer. Du bekommst Lust auf’s Verreisen.
Danke. So soll es sein! :-)